Ein neues Medikament schafft Perspektiven

Kaftrio ist ein Quantensprung in der Behandlung von Mukoviszidose und verbessert die Lebensqualität vieler Patienten immens.

Kaftrio

Doch es schafft auch neue Herausforderungen, denen sich Therapeuten und Patienten stellen müssen. Susanne Posselt betreut seit 2009 die Mukoviszidose-Patienten in Tannheim. Fragt man sie nach dem neuen Medikament, sprudelt sie regelrecht los: Mukoviszidose ist eine erbliche Multiorganerkrankung. Im Kern geht es um blockierte oder fehlende Kochsalzkanäle in den Drüsenzellen des Körpers, was neben salzigem Schweiß vor allem zur Bildung zähflüssiger Sekrete führt, die die Organe verstopfen. Betroffen sind neben der Haut unter anderem die Schleimhäute der Nase, Lunge, Bauchspeicheldrüse und Leber. Der zähe Schleim steigert das Risiko für Infektionen und führt damit vor allem an der Lunge zu bleibenden Schädigungen.

Bisher konnte die Medizin nur die Symptome der Erkrankung behandeln, also den Schleim lösen, Antibiotika gegen die Infektionen geben, mit Enzymen die Bauchspeicheldrüse unterstützen, mit der passenden Ernährung die Gewichtszunahme verbessern. Die Lebenserwartung der Patienten blieb, trotz aller Verbesserungen der letzten Jahre, aber reduziert. Doch dank eines neuen Medikaments können Patienten mit der Genmutation Delta F508 förmlich aufatmen! Die Modulatortherapie sorgt für funktionierende Kochsalzkanäle. Sie reguliert damit den Salzhaushalt und reduziert beziehungsweise verflüssigt den Schleim. Die Lungenfunktion verbessert sich, die Patienten husten weniger, werden belastbarer, das Infektionsrisiko sinkt, Verdauungsprobleme nehmen ab, der Appetit steigt. Der tägliche Kampf um jedes Kilo, der Patienten und Familien über Jahre begleitete und belastet, hat ein Ende. Neue Perspektiven eröffnen sich.

„Bei einigen Patienten konnte sogar eine bevorstehende Lungentransplantation durch die Einnahme von Kaftrio aufgeschoben werden,“

sagt die 46-Jährige. Als Kinderärztin hofft sie, ebenso wie viele Eltern, dass das bald ab sechs Jahren zugelassene Medikament bei frühem Einsatz Organschäden verhindern beziehungsweise deutlich verzögern kann; und sich im Anschluss noch weiterreichende Verbesserungen zeigen. Aktuell profitieren die Patienten in unterschiedlichem Maße. Gerade wenn bereits Schädigungen an den Organen eingetreten sind, ersetzt Kaftrio nicht die bisherige Behandlung. Es geht vielmehr um eine individuelle Neujustierung der medikamentösen Therapie, der Ernährungstherapie, aber auch eine neue Gewichtung von Physiotherapie und Sport. Sportarten, die undenkbar schienen, werden möglich und es macht Freude, dies zu beobachten. Da sowohl der Langzeiteffekt als auch Langzeitnebenwirkungen noch nicht ausreichend erforscht sind, bleibt ein gewisses Maß an Unsicherheit. Die Betroffenen befinden sich in einem großen Umbruch, und nicht jeder kommt mit der veränderten Lebenssituation gut klar. Patienten, die ihren Körper über Jahre mit der Erkrankung einschätzen gelernt haben, müssen ein neues Körpergefühl entwickeln. Dies verunsichert mitunter. Entscheidungen zur Karriere oder Familienplanung geraten ins Wanken. Der ein oder andere (ältere) Patient spürt vielleicht einen Hauch Bitterkeit: Wo war das Medikament vor fünf Jahren, als man gerne eine Familie gegründet hätte? Psychologische Begleitung ist hier gefragt.
Kaftrio hilft zudem leider nicht allen Patienten und manch einer fühlt sich abgehängt. Das kreiert ein neues Spannungsfeld in der Reha. All diese Neuerungen begleitet Tannheim und stellt sich gemeinsam mit den Patienten jeder neuen Herausforderung.
Glücklicherweise ist Kaftrio nur ein Medikament: Auch andere Firmenentwickeln Modulatortherapien, und es gibt noch andere erfolgversprechende Therapieansätze. So überwiegt für Susanne Posselt zwischen Freude und Erleichterung, Unsicherheit und Ungewissheit vor allem die Hoffnung, dass sich bald noch mehr Lebensträume verwirklichen.
Kurz erklärt:
CF steht für Cystische Fibrose und ist ein anderer Begriff für Mukoviszidose. Die Genmutation Delta F508 betrifft rund 80 Prozent der Erkrankten.

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