Dankbarkeit einer Tumorpatientin für die Nachsorgeklinik
„In Tannheim habe ich das Leben wieder gelernt“
Rund 400 Kilometer liegen zwischen Julia Zählers Zuhause und Tannheim. 2016 kam sie nach einer Hirntumor-Operation und anschließender Chemo- und Bestrahlungstherapie zum ersten Mal zur Reha, 16 Jahre alt und allein. Inzwischen kann sie sich sogar vorstellen, später selbst in der Klinik zu arbeiten.
Prognose unklar: leben mit seltenem Hirntumor
Julia war auf dem Weg zur Schule, als die Scheinwerfer eines Busses die damals Zehnjährige blendeten und einen Krampfanfall auslösten. „Der Radiologe konnte nichts sehen. Heute wissen wir, eine Zyste war schuld. Die hat sich zu meinem Tumor entwickelt, aber es wurde nie nachkontrolliert“, erinnert sie sich. Später häuften sich die Anfälle. Stärker werdende Kopfschmerzen, Gefühls- und Sprachstörungen kamen hinzu, ihr rechtes Auge erblindete. „Ich wurde immer aggressiver, niemand wusste, warum“, beschreibt die Fachabiturientin ihre schleichende Wesensänderung, die nichts mit der Pubertät zu tun hatte.
„Am 26. Februar 2015 bekam ich meine Diagnose“, sagt sie. Es klingt sehr reflektiert. Fünf Jahre innerer Kampf fanden ein Ende. „Es gibt eine gute Julia und eine böse Julia. Die Böse hat sich komplett ausgebreitet, bis der Tumor endlich draußen war. Jetzt bin ich wieder die Julia, die ich vorher war“, lacht die frühere Wassersportlerin und Handballerin. Momentan ist die 21-Jährige krebsfrei. Ihr Hirntumor ist so selten, dass die Prognose unklar ist. Julia Zähler weiß, dass sie erst in ein paar Jahren als geheilt gelten kann. Aber das hält sie nicht vom Leben ab: Sie möchte eine Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten beginnen und danach vielleicht sogar in Tannheim arbeiten. Dass sie später irgendwas mit „weißem Kittel“ werden wollte, wusste sie schon als kleines Kind. Ihre Erfahrungen in der Reha stärkten diesen Wunsch.
Dreimal war sie nun schon in der Nachsorgeklinik. „Bei meiner ersten Ankunft war ich total ängstlich. Doch ich wurde so herzlich aufgenommen, als würde ich nun hier wohnen: Ganz lieb und sanft, sodass ich mich nur noch gefreut habe“, erinnert sie sich. „Die Menschen hier sind besonders“, sagt Julia. „Man fühlt sich verbunden.
Man ist für sich und doch frei. Es gibt keine Kämpfe, wer kränker ist; stattdessen halten alle zusammen.“ Es verwundert kaum, dass sie auch ihre beste Freundin Anna hier kennenlernte. Durch den familiären Zusammenhalt fühlte sich Julia nie allein, auch wenn ihre Familie nicht immer vor Ort sein konnte. „Wir führen in Tannheim andere Gespräche, darüber, was wirklich wichtig ist. Da geht’s ums Leben und darum, gesund zu werden. Jedes Mal wird man mutiger und stärker.“ Mut bedeutet für Julia, „etwas Neues zu beginnen, daran festzuhalten und weiterzumachen.“
Rede mit anderen Personen offen und ehrlich über deine Bedürfnisse. Du hast nur ein Leben, ein anderes bekommst du nicht. Der Sinn des Lebens ist das Leben. Mach das Beste daraus und lass ́ dich nicht von irgendwas beeinflussen.
Julia Zähler
Dankbarkeit für Therapien – und gutes Essen
„Ich bin dankbar, dass ich in Tannheim das Leben wieder gelernt habe“, sagt die junge Frau. „Dass ich herausgefunden habe, wie ich wirklich bin, und dass ich so sein darf.“ Vieles zählt sie auf: die Ausflüge, die Reittherapie, die Ruhe. Aus Psycho- und Physiotherapie nahm sie neue Ziele und mehr Anforderungen an sich mit nach Hause. „Das Essen ist auch megalecker“, schmunzelt sie.
Nur eins mag sie sich beim besten Willen nicht vorstellen: dass der Truppenübungsplatz gebaut wird. „Das ist ein Ort der Ruhe und der Entspannung, nicht für Tod und Bombardierung“, wird sie energisch.
Wer Julia weiter auf ihrer Reise begleiten möchte, kann ihr auf Instagram folgen (@_ganzschoen_okay) und auf juliazaehler.wixsite.com/mxndscheinkind.